Winterpaddeln auf dem Ognon von Lure bis Pesmes
Nach den guten Erfahrungen bei der dreitägigen Gepäcktour auf der Fulda und der Wintertour auf der Ilmenau im vergangenen Jahr war für Jürgen und mich klar, dass wir bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit wieder mitpaddeln wollten. Unsere Ausstattung für Wintertouren haben wir im Laufe des Jahren weiter verfeinert und den einen oder anderen Tipp der erfahreneren Winterpaddler übernommen. Zu unseren neuen Requisiten zählen neue Paddeljacken, die sehr gut vor Spritzwasser in Schwallen und Wehren schützen sollen.
Für Januar planten wir mit Thomas Gleitz, Christian Zhorzel, Jan Golinski und Julian Wedemeyer eine Sieben-Tages-Gepäcktour auf dem Ognon in Frankreich.
Die Teilnehmer waren sowohl vom Alter als auch von den Erfahrungen im Winterpaddeln bei Hochwasser wenig homogen. Ebenso fuhren wir Kanus, die höchst unterschiedlich waren: Ein offener Kanadier, Seekajaks und Wanderboote aus unterschiedlich empfindlichem Material. ( PE und Diolen)
Die Streckenplanung war klar, ausgehend von Lure sollten täglich zwischen 20 und 30 Kilometer gepaddelt werden, abhängig von der Strömung und der Anzahl der Wehre, die umtragen werden mussten. Wir hatten uns darauf verständigt, ein Auto für eine Etappe von drei Tagen vorzubringen, um die Boote zwischendurch wieder neu befüllen zu können.
Nach tagelangem Dauerregen und viel Schmelzwasser aus den umliegenden Bergen der Vogesen hatte der Fluss in Lure beim Einsetzen der Boote eine starke Strömung und war randvoll gefüllt. Thomas kannte den Fluss von einer Sommerfahrt aus dem vergangenen Jahr, in Lure hatte er damals ein ausgetrocknetes, nicht befahrbares Flussbett vorgefunden und erkannte den Fluss jetzt kaum wieder.
Der Flussführer und verschiedene Beschreibungen im Internet versprachen einen abwechslungsreichen Fluss mit vielen überwiegend befahrbaren Staustufen und Wehren. Mutig paddelten wir am 2. Januar 2005 los und schon nach den ersten flotten Windungen merkten wir, dass die Befahrung im Oberlauf eine wahre Herausforderung wurde. Nur mit Mühe konnten wir die schwer beladenen Boote durch die engen Windungen in der starken Strömung steuern. Thomas Anregung, einen ausreichend großen Sicherheitsabstand zu halten, hatten wir verstanden, den Rat einzuhalten fiel uns schwer. Auch war es gut zu sehen, wie das Vorgängerboot sich bei der nächsten Schwierigkeit durchschlingerte.
Und so kam ich um eine Kurve und sah einen umgefallenen Baum, der den Fluss zu 4/5 versperrte. Während Christian die Durchfahrt durch die schmale Passage schaffte, steuerte Jürgen vor mir gerade-wegs auf den Baum zu, sein Boot stellte sich quer und mein Ausruf: "Mensch hau ab!" blieb ohne Wirkung. Der letzte kleine Durchlass war nun blockiert. Nun ging alles sehr schnell. Ich tauchte mit einen lauten "nein", unter Jürgen und dem Baum hindurch ab. Unter meinem Boot in der Spritzdecke hängend, war mein erster Gedanke die Lernschritte aus den Kenterübungen im warmen Hallenbad. Hätte ich diese Erfahrungen nicht gemacht, wäre mein Schreck sicher noch um ein Vielfaches größer gewesen. Als ich mich endlich Luft schnappend unter dem Boot hervorgewuchtet hatte, war mein zweiter Gedanke, schnell das Boot zu drehen und eine ruhige Stelle im Kehrwasser für einen Ausstieg zu finden. Aber der schnelle Fluss bot über 50 Meter keine seichte Stelle zum Herauskrabbeln, an mein Boot klammernd paddelte ich wie ein nasser Hund von einer Uferseite zur anderen, ohne Grund unter den Füßen zu fühlen. Inzwischen war das eiskalte Wasser durch meine 7 Zwiebelschichten durchgedrungen, es war reichlich kalt. Als ich endlich eine seichtere Stelle zum Ausstieg gefunden und mich aus meiner nassen Wäsche geschält hatte, stellte sich heraus, dass die Staukästen undicht geworden und mit Wasser voll gelaufen waren. Ein großer Teil meines Gepäcks war nass. Auch Jürgen hat der Baum zum Kentern gebracht, die Gruppe entschied kurz entschlossen, die Gepäckfahrt abzubrechen und einen Campingplatz zur Trocknung des Gepäckes zu suchen. Nur ein Campingplatz in Moncey hatte über die Winterzeit am Fluss geöffnet. Von dort aus unternahmen wir Tagestouren auf allen vorher geplanten Abschnitten der Gepäcktour, indem täglich die beiden Autos versetzt wurden und am Abend zum Campingplatz zurückgefahren wurde.
Die Tagestouren waren äußerst abwechslungsreich. Durch den hohen Wasserstand des Flusses, der täglich ein wenig absank, entsprachen die Flussbeschreibungen nur bedingt der Realität. Die Wehre, die bei Normalwasserstand über Bootsgassen zu befahren waren, mussten überwiegend umtragen werden, das Anlegen und Aussteigen auf den durchnässten Wiesen und glitschigen Ufern war nicht immer ganz einfach. Von Vorteil erwies sich nun, dass die Boote nur mit Tagesgepäck bepackt waren.
Nach meiner Kenterung musste ich erst langsam neues Vertrauen in meine Fahrtechnik aufbauen, wichtig ist im Rückblick, dass ich meine Angst überwunden habe und weitergepaddelt bin. Während der Folgetage konnten wir alle gut an unserer Technik arbeiten. Konsens war allerdings auch, dass wir intensiver die Angebote des Vereins im Hallenbad und im Sommer nutzen, um in akuten Situationen sicherer und angemessener reagieren zu können.
Wir haben die Tour unter den veränderten Bedingungen nach der Kenterung von einer Gepäcktour zu Tagestouren gemeinsam ausgewertet. Für die Zukunft werden wir im Sinne einer gelingenden Wintertour die Planungen und Absprachen über die Länge der täglichen Etappe, die Infrastrukturanbindung, die Frage der Tages- oder Gepäcktour, die notwendige Ausstattung und Kleidung noch genauer vorher miteinander abstimmen. Die Erwartungen aller Teilnehmenden müssen auch während der Tour deutlich benannt werden und eine gemeinsame Umsteuerung möglich sein. Um Überforderungen auszuschließen, sollte die Orientierung der Anforderungen an den schwächsten Teilnehmenden der Maßstab sein.
Wir alle sind reich an neuen Erfahrungen, gut erholt und mit Bildern eines herrlichen Flusses nach Hause zurückgekehrt. Der Ognon ist ein abwechslungsreicher Fluss, der sich vorbei an idyllischen kleinen Dörfern schlängelt. Es gibt viele schöne Stellen für Rastmöglichkeiten und im Sommer eine hohe Anzahl an schönen Campingplätzen. Wir sahen nicht nur immer wieder einen Grünspecht, sondern Haubentaucher, Komorane, Eisvögel, Silber- und Graureiher, Bussarde, Falken und angriffsfreudige Schwäne. Wir hatten während der Fahrt ein für die Jahreszeit stabiles Wetter, der Regen war bereits im Fluss, aber so bot sich uns eine Sicht über die schöne Landschaft am Ufer. Und am letzten Abend gab es dann doch noch eine Lagerfeueridylle.