Wohin in Deutschland, um sich diesen Gefallen zu tun? Mir fallen dafür nur zwei Gegenden ein, eine in Ostfriesland und eine in Schleswig-Holstein. Der Witz dabei ist, beide Länder behaupten, der jeweils tiefste Landpunkt läge bei ihnen. Nachmessen wäre ganz einfach, aber was tut man nicht alles um den Fremdenverkehr mit Falschaussagen (fake!) anzukurbeln!
Wir (Klaus L. und ich) entschlossen uns, vom 29.5. bis 4.6.17 unsere kleinen Wohnwagen beim Emder Kanu Club e.V. 1975, Hooge-Sand 21, 26723 Emden (www.emder-kanu-club.de) abzustellen und von dort aus als festem Standquartier einige Tiefs in der Krummhörn und die Kanäle der Stadt Emden abzupaddeln. Den Emder Club kann ich bestens empfehlen. Nach vorheriger Anmeldung sind wir sehr freundlich und kameradschaftlich aufgenommen worden. Er ist gut und schnell über die Autobahn zu erreichen. Seine Campingwiese ist bestens gepflegt und verfügt über ausreichende elektrische Anschlüsse (blaue Campingstecker). Die Sanitäranlagen im Vereinsheim, die für jeden Gast zur Benutzung bereit stehende Küche, die sonstigen Clubräume und die sonstigen Wasch- und Entsorgungsanlagen sind einwandfrei und erfüllen alle Wünsche.
Das Wichtigste aber ist, vom Clubgelände geht es auf kurzem Weg auf den Bootssteg. Es empfiehlt sich, seinen Bootswagen dabei zu haben. Auch ältere Paddler (wie ich) können noch vom Steg aus ins eigene Boot „rutschen“ und nach der Rückkehr mittels zweier „Seniorenpfähle“ sich aus dem Kajak herausziehen/ -wälzen. Lacht nicht! Ihr kommt alle auch einmal an diesen Punkt!
Mit dem Wetter hatten wir großes Glück! Viel Sonnenschein, wenig Wind und nur einige Spritzer Regen begleiteten uns in unserer Paddelwoche auf den Tiefs. Wir waren sehr oft und lange mutterseelenallein in der Weite der Krummhörn. Was uns aber störte waren fehlende Anlegestellen. Die Uferböschungen sind größtenteils eingefasst in Holzpalisaden (Spundwände). Darüber wächst vielerorts Schilf und sonstiges Grün. Man sollte schon über eine gute Blase verfügen und dann die wenigen Möglichkeiten in der freien Fläche nutzen. In den Ortschaften gibt es zwar reichlich Bootsstege. Diese sind aber in ihrer Höhe überwiegend auf die Höhe von Motorbooten ausgelegt und nicht jeder Eigentümer lässt ein Anlegen Fremder zu.
Auffallend in der Landschaft sind die vielen Windanlagen. Auf der Strecke Greetsiel nach Emden paddelt man kilometerweit durch einen Windpark. Diese sind nicht jedermanns Geschmack und der mehr oder weniger feine „aromatische“ Duft ausgebrachter Gülle hat mich schon gestört! Momentan kann ich mich nicht erinnern, einen Tag ohne diesen Landschaftsduft in der Nase erlebt zu haben.
Auch in Emden ist man vor dem Duft nicht sicher. Aber über die alten Befestigungsgräben/-kanäle der Stadt zu paddeln ist ein Erlebnis für sich. Alte Baumbestände mit Parkanlagen prägen stellenweise das Stadtbild. Teilweise paddelt man durch die Bebauung oder hat sie zumindest auf einer Seite der Kanäle liegen.
Das Highlight aber ist eine Besichtigung der alten Kesselschleuse. Über diese kann man in vier Himmelsrichtungen geschleust werden. Unsere Altvorderen haben hier Ingenieurskunst vom Feinsten errichtet, die noch heute voll funktionsfähig ist. Von hier aus kann man paddelnd den Emder Hafen, die Außen Ems und weitere Bereiche Ostfrieslands erreichen.
Eine Woche Ostfriesland ist zu wenig, um die vielen sehenswerten Ecken zu erpaddeln und zu erleben. Sie reicht aber trotz der aromatischen Luft aus, um Lust auf mehr zu wecken.
Am tiefsten Punkt Ostfrieslands sind wir vorbei gepaddelt und haben nichts bemerkt!
Wilfried