Zurück im Dalsland
Nach einem sehr arbeitsreichen Frühjahr brauchten Petra und ich einen erholsamen Urlaub ohne viel Vorbereitung. Was liegt da näher als auf eine alte Planung zurückzugreifen? Also kramte ich die Karten vom Dalsland hervor- dort waren wir schon 2008 für drei Wochen unterwegs. Einen Essens- und Einkaufsplan habe ich auch noch im PC - nach kurzer Zeit steht das Auto gepackt vor der Tür. Nach 13 Stunden Anreise erreichen wir das Laxsjön Friluftcenter. Noch ein wenig Lesen, dann ab ins Bett.
Am nächsten Morgen brechen wir mit dem Kanadier auf. Vor uns liegen zahllose Seen, die überwiegend durch Schleusen miteinander verbunden sind. Seit dem 12. Juni (unserem Starttag auf dem Wasser) sind sie auch in Betrieb. Zunächst gehen wir auf Südkurs. So entkommen wir durch die Schleusen dem Zentrum des Kanutourismus. Schon kurz nach dem Ablegen stellt sich Entspannung ein. Endlich Ruhe. Beide spüren wir, wie die Lasten der vergangenen Monate von uns abfallen. Selbst um die Übernachtungsplätze müssen wir uns keine Gedanken machen. Hier im Südbereich des Reviers ist außer uns niemand unterwegs und ich habe einen Ausdruck der alten Etappen dabei. Erstaunt fragen wir uns nur, wie wir das vor vier Jahren geschafft haben, da wir da ja auch noch alle Schleusen umtragen mussten.
Obwohl es kurz vor dem Mittsommerfest lange hell ist, schlafen wir schon um 20 Uhr tief und fest im Zelt. Wind und Wasser sind noch recht frisch - mein Thermometer zeigt morgens ca. 12° Lufttemperatur an. Die Seen sind so kalt, dass an Schwimmen nicht zu denken ist, es reicht gerade mal für ein kurzes Waschen. Auch tagsüber wird es in der ersten Woche nicht richtig warm. Oft suchen wir zum Sitzen den Windschatten.
Trotzdem fühlen wir uns „Zuhause“. Die Landschaft, die begleitenden Tiere (Prachttaucher, Kanadagänse, Gänsesäger, Möwen, Fisch- und Seeadler, Ameisen, Mücken, Gnitzen) und das beruhigende Geräusch, der an die Granitfelsen klatschenden Wellen tragen ihren Teil zu unsrem inneren Frieden bei. Fast täglich lese ich eins meiner mitgebrachten Bücher - wenn das so weiter geht, muss ich mir am Ende noch Lesestoff nachkaufen (musste ich dann auch). Von Schleuse zu Schleuse wird mein Schwedisch wieder lebendiger. Am dritten Tag werden wir schon für Dänen gehalten, zwei Tage später bietet einer der Schleusenwärter sogar an, uns als Schweden durchgehen zu lassen.
Nach wenigen Tagen (gefühlt sind wir schon ewig unterwegs) verlassen wir dann die ausgebaute Kanalstrecke. Kurz vor dem Vänernsee biegen wir nach Norden ab.
Ab jetzt ist mehrfach anstrengendes Umtragen erforderlich. Noch sind unsere Lebensmitteltonnen gut mit Vorräten gefüllt. Trotzdem müssen wir zwischen einigen Seen längere Landtransporte bewältigen. Die längste Strecke beträgt 3,4 Kilometer. Fast immer geht es mehr oder weniger steil bergan. Auch mit dem Bootswagen und einem gut ausgewogenen Boot kostet das viel Kraft. Trotzdem tragen wir einmal weiter um, als bei der Tour 2008. Mit Ömmeln und Dalsjön sind uns damals zwei Kleinode entgangen. Am Ömmeln finden wir bei herrlicher Sonne einen breiten langen Sandstrand auf dem wir unser Lager aufschlagen. Wir haben den ganzen See für uns allein!
Da wir abends früh schlafen, bekommen wir diesmal trotz der vielen Burgen und Bissspuren keine Biber zu sehen. Dafür wartet am Ömmeln ein Elch geduldig in der Mittagssonne, bis wir ihn von allen Seiten fotografiert haben. Lange bleibt er still im lichten Wald stehen und wartet darauf, dass wir endlich weiter paddeln. Da wir aber seltener einen Elch beobachten dürfen, als dieser deutsche Paddler, wird es ihm irgendwann zu bunt und er (bzw. sie) wandert gemächlich aus unserem Blickfeld.
In der zweiten Woche wird es deutlich wärmer (jedenfalls die Luft). Mit dem Östra Silen erreichen wir wieder das Zentrum der Kanuaktivitäten im Dalslandkanalsystem. Nun sehen wir immer häufiger auch andere Paddler auf dem Wasser. Zu Beginn sind es noch überwiegend Einzelpaddler mit eigenen Booten; nach dem Mittsommerfest kommen dann auch immer mehr und immer größere Gruppen mit den typischen Aluminium-Leihkanadiern hinzu. Es wird Zeit wieder in ruhigere Gewässer zu kommen! Wir fahren noch in den äußersten Norden des Kanalsytems. Hinter Töcksfors öffnet sich der Töck wie ein langer Schlauch bis zum Östen. Dieses wunderschöne Revier hat uns 2008 mit viel Regen empfangen. Vielleicht bekommen wir es diesmal mit Sonne zu sehen? Doch der Regen erwischt uns erneut. Zwei Tage mit kräftigem Dauerregen müssen wir durchstehen. So beschließen wir, zügig wieder Richtung Auto zu fahren. Nach einer langen Tagesetappe erreichen wir den „sonnigen Süden“. Auf Lelång und Svardlång können wir es noch einmal etwas ruhiger angehen lassen.
Thomas Gleitz.