Einige Clubmitglieder haben in der Vergangenheit wiederholt von ihren Fahrten auf der Saale und der Unstrut erzählt. Der Gedanke läßt mich nicht los und so fand ich in Klaus L. einen Mitstreiter, den ebenfalls die Gegend reizt.
Im Oktober verabschieden wir uns für eine knappe Woche von zu Hause, um beim Kanu-Club-Naumburg unsere Wohnwagen aufzustellen. Das Clubgelände liegt ideal am rechten Saaleufer kurz unterhalb der Unstruteinmündung in die Saale. Viel Platz auf dem Grundstück, alles Notwendige für die Ver- und Entsorgung von Campern sind auf dem Gelände vorhanden. Wichtig für uns Paddler ist das Vorhandensein eines direkten Zuganges zum Gewässer mit einer entsprechenden Einsetzstelle. Was begehrt das Herz mehr? Paddler, hier bist zu willkommen!
Aber, das Ankommen ist nicht leicht. Die B 180 von Norden kommend nach Naumburg ist wegen Bauarbeiten gesperrt, die anschließende Zufahrtstraße „Zum Blütengrund“ zur Hälfte ebenfalls. Die Ausweichroute über Henne ist dementsprechend zeitweilig überlastet und das Navi führt mich auf die linke Seite der Saale. Auch dieser Bereich nennt sich „Blütengrund“. Den Schwierigkeiten zum Trotz habe ich den Weg zum Clubgelände gefunden. Nachteil der Lage, bis zur Innenstadt von Naumburg sind es rd. 3 km, ein schöner Fußmarsch.
Bedingt durch den trockenen Sommer 2019 führen beide Flüsse deutlich weniger Wasser als normal. Bemerkbar macht sich dieses sofort beim Einstieg in Großheringen. An und für sich eine gute Einsetzstelle zur Befahrung der Saale, nur mit Mühe und gegenseitiger Stabilisierung können wir in die Boote hinein rutschen. Der Höhenunterschied zwischen Wasserspiegel und unterster Trittstufe ist einfach zu groß. Diese Situation gilt im Grunde für mehrere Einsetz- und Aussetzstellen. Ohne die tatkräftige Hilfe von Klaus wäre mir bei meiner „Steifigkeit“ das Paddeln verwehrt geblieben. Der Kopf ist willig, das Fleisch und die Knochen spielen nicht so mit, wie ich es mir wünsche. Man ist nicht mehr der Jüngste. Sehr schöne Flußabschnitte mit Felswänden am Gewässer und Wäldern aus Altholzbeständen sowie dicht bewachsene Ufer passieren wir auf unserer Fahrt nach Naumburg. Dieses ist ein gelungener Auftakt für unsere Paddeltage zumal das Wetter prima mitspielt – wechselhaftes Wetter mit ein paar Spritzern von oben, bewölktem und zeitweise sonnigen Abschnitten sowie mäßige Temperaturen steigern das Paddelvergnügen.
Der erste Tag macht mehr Lust auf Saale. Wir setzen in Dorndorf ein, um in Großheringen auszusetzen. Dieser Flußabschnitt ist noch malerischer als der vorgehende. Durch das Niedrigwasser liegt überall das teilweise mächtige Wurzelwerk der Uferbäume frei. Ganze Fotoreihen hätte man machen können, so beeindruckend finde ich diese Szenerie. In Großheringen mündet die Ilm in die Saale – ein „tröpfelndes“ Bächlein!
Nach zwei Paddeltagen muss Abwechslung her. Die Knochen sind steif und manche Muskeln schmerzen. Das Wetter ist kühl aber trocken, im Laufe des Tages hellt der Himmel auf. Zu Fuß geht es in die Stadt Naumburg mit Rundgang durch die Innenstadt. Der Marktplatz und die davon ausgehenden Straßen zeigen sich von ihrer besten Seite. Naumburg ist nicht bombardiert worden. Entsprechend vielfältig stellen sich die Bauten aus den unterschiedlichsten Perioden dar. Dank sei dem Umstand, dass in der DDR das Geld fehlte, um diese „Schätze des Großbürgertums“ abzureißen und durch sozialistisch einheitlichen Baubrei (Plattenbauten) zu ersetzen. Die Innenstädte vieler Kommunen in den neuen Bundesländern sind architektonisch wirklich sehenswert. Hinfahren – Es lohnt sich!
Nach meinem Geschmack ist die Stadtkirche St. Wenzel kein Hingucker auch wenn sie schon viele Hundert Jahre auf dem Buckel hat. Man merkt ihr an, dass es im Mittelalter wohl platzmäßig in der Innenstadt sehr eng zuging. Ganz schrecklich finde ich den barocken Altar, aber das ist sicherlich auch Geschmackssache. Absolut sehenswert ist m. E. dagegen der Naumburger Dom. In der Übergangszeit von der Romanik zur Gotik ist er entstanden. In bisher keiner Kirche habe ich zwei Lettner (Trennwände zwischen Geistlichkeit und Volk) gesehen. Nicht umsonst ist der Dom Weltkulturerbe. Ich empfehle die Teilnahme an einer Führung.
Am dritten Tag steht die Unstrut bei uns auf dem Programm. Wir setzen in Kirchscheidungen ein. Schleusen helfen die Wehre zu überwinden, nur – man sollte sich vorher erkundigen, wann die Schleusen bedient werden. Schleusenzeiten von Donnerstag bis einschl. Sonntag! Wir haben aber erst Mittwoch!! Dumm gelaufen! Zum Glück haben wir aus Gewohnheit unsere Bootswagen dabei. Innerlich knurrend heißt es in den sauren Apfel zu beißen und um jede Staustufe herum unsere Kajaks zu rollen. Zum Trost sind trotz Niedrigwasser die Boote noch relativ einfach umzusetzen.
Um Freyburg herum tauchen dann einige Steilhänge mit Weinterrassen auf. Aus dieser Gegend kommen die meisten Unstrut Weine. Oben thront die mächtige Neuenburg, die wir allerdings nicht besichtigen. Auch die Stadt soll sehr sehenswert sein.
Unterhalb von Freyburg wird die Flusslandschaft langweilig. Sie ähnelt stark der tief eingeschnittenen Leine oberhalb von Hannover. Kurz nach der Einmündung in die Saale kreuzt die Gierseilfähre unseren Weg. Dahinter kommt dann schon der Anleger des Kanu Clubs Naumburg in Sicht.
Den letzten Tag unseres Aufenthaltes nutzen wir, um von Naumburg nach Uichteritz zu paddeln. Auch hier durchfahren wir eine abwechslungsreiche Landschaft. Vor uns ist eine Gruppe des Kanu Clubs gestartet, die wir in der Schleuse von Öblitz einholen. Herrlicher Sonnenschein begleitet uns auf diesem Paddelabschnitt. Einem Tipp von Jörg Scheitzel (Platzwart vom Naumburger Club) folgend setzen wir am Sportplatz an einem wackeligen Anleger aus.
Insgesamt aufgefallen ist mir, dass es an Saale und Unstrut eine ganze Reihe neuer Einsetzstellen gibt, die im Gewässerführer für Ostdeutschland in der 3. Auflage nicht erwähnt werden. Ob in neueren Bootsführern diese aufgeführt sind, entzieht sich meinen Kenntnissen.
Es sind sehr schöne Tage in einer Landschaft, die es verdient hat, des Öfteren auch von unserem Club aufgesucht zu werden. Natürlich gilt es einige Hindernisse in Form von Wehranlagen zu überwinden. Kleine Städte und viele Burgen laden zur Besichtigung ein. Langweilig wird es weder zu Wasser noch auf dem Lande. Rafft euch auf!
Wilfried