Winterfahrt auf dem Piave 1.-5. Januar 2017
Die Fahrtenplanung war wie so oft etwas zugespitzt: Nach meinen Silvestergottesdiensten konnten wir am Silvesterabend gegen 20 Uhr in Wunstorf starten. Belohnt wurden wir mit einer freien Autobahn bis zum Ziel. Lediglich einige dichte Nebelbänke in den Alpen konnten die Anreise bremsen. In Italien dann eine Enttäuschung: Anders als von den Internetpegeln angekündigt lag das Flussbett des Tagliamento trocken. Paddeln sinnlos.
Da dieser Fluss dafür bekannt ist, hatte ich auch den Piave vorbereitet. Gut 100 Kilometer weiter standen wir wieder an einem Flussbett. Diesmal mit Wasser. In Belluno beluden wir die Boote mit all dem, was zu einer Wintergepäckfahrt nötig ist. Schwer lagen die Boote im auch hier knappen Wasser. Gleich zum Start hieß es munter Steine umfahren. Emil zeigte sich als Meister der Seilfähren und traf so gekonnt die engen Durchfahrten.
Herrlicher Sonnenschein, Windstille und Temperaturen zum (winterlichen) Wohlfühlen (6-8 ° in der Sonne) machten das Paddeln in der Berglandschaft zu einem Vergnügen. Munter zog uns der Fluss talwärts. Fast durchgehend gab es flotte Strömung, wenn auch manche der Kiesbankschwälle nur knapp überspült waren und man frühzeitig nach den günstigsten Durchfahrten suchen musste.
Nach nur 13 Kilometern suchten wir uns einen ersten Lagerplatz auf einer Kiesbank. Schnell standen die Zelte, Feuerholz lag bereit und der Kocher fauchte für das Abendessen. Kurz nach 16 Uhr verschwand die Sonne und damit die Wärme. In der Nacht fiel die Temperatur bis auf -12° - dafür hatte ich definitiv den falschen Schlafsack eingepackt. (Der Wetterbericht war milder…- die weiteren Nächte auch).
So wurde morgens das Weichklopfen der Paddelutensilien (Schuhe, Spritzdecken, Trockenanzüge, Paddelpfötchen) zu einer ersten Herausforderung. Auch Trinkwasser, Gemüse und Milch wurden täglich eisiger. Noch im Dunkeln standen wir auf, um das Tageslicht möglichst lange auf dem Wasser auskosten zu können. Dafür wurden wir mit spektakulären Ausblicken auf die Alpenausläufer belohnt. Schon am zweiten Tag galt es ein erstes Wehr zu umtragen. Hier mit Bootswagen noch relativ einfach zu bewältigen. Weiter unten erwarteten uns dann echte Herausforderungen. Ein Wehr musste über die Wehrkante und die dahinter liegenden Betonblöcke überhoben werden, ein weiteres konnten wir über die abgerundeten Kalksteine „treideln“.
Jeden Tag veränderte sich die Landschaft. Nach dem weiten Kiesbett zwischen den Bergen zwängte der Piave sich durch eine Schlucht um dann in das Schwemmland der Ebene von Venedig zu münden. Hier gab es am letzen Tag noch einen bewaldeten Abschnitt mit mehreren Baumleichen im Stromzug. Fast durchgehend durften wir leichtes Wildwasser befahren. Einige Stellen reichten auch bei dem niedrigen Pegelstand (1,16 in Belluno - 10 cm mehr dürften es sein) bis WW II. Nach kurzer Einweisung haben Svea und Emil alle Herausforderungen mental und paddeltechnisch gemeistert. Nur selten waren kurze Hilfestellungen erforderlich. Kentern und Bergen war für diese Tour nicht vorgesehen.
Am vorletzten Paddeltag haben uns die Flussverbauer das Wasser entzogen. In einem Abschnitt, in dem der Piave ohnehin in mehrere Arme aufgegliedert ist, ließ der Stromzug mehr und mehr nach. Während wir uns fragten, an welcher Stelle wir die Abzweigung ins tiefere Wasser verpasst hatten, versickerte auch der Rest und wir saßen auf dem Trockenen. Um das Ziel am nächsten Tag erreichen zu können (und nicht wissend ab wo es wieder Wasser geben würde), haben wir noch ca. einen Kilometer über den Kies gezogen, bevor wir uns für die Nacht einrichteten. Nach schlechten Träumen von 13 Kilometern Fußmarsch durch trockenes Flussbett wurden wir zum Frühstück mit der Rückkehr des Wassers überrascht - wie gut, dass wir aus Gewohnheit die Boote hoch gelagert hatten!
Nach fünf Tagen erreichten wir nach 103 Kilometern spannender Fahrt Ponte di Piave und damit das geplante Ziel. Der weitere Abschnitt bis ins Mittelmeer soll deutlich weniger schön sein, eine Rückholung des Autos ebenfalls schwer zu organisieren. Auf dem Parkplatz oberhalb des Ausstiegs verbrachten wir eine letzte Nacht im geheizten Wohnmobil.
Zum Abschluss fuhren wir mit dem Auto nach Venedig und schlenderten einige Stunden durch die Gassen. Trotz des kalten Wetters war die Stadt voll. Im Sommer muss ich hier nicht her.
Thomas