Eisvögel unter sich: Werra 2006
5.1. Mittags um 14 Uhr waren Martin, Inge, Christian und ich am Wehr in Lengers verabredet. Um 13 Uhr waren schon alle da (bei Winterpaddlern beginnt die Sommerzeit eben etwas früher). Schnell waren die Boote auf meinen Bus umgeladen. Dann eine Mittagspause und das Umladen des Zeltgerödels bevor wir zum Start in Meiningen aufbrechen konnten. Dort fanden wir en wunderschönes Bootshaus, in dem wir sehr freundlich empfangen wurden. Bei Rotwein und Hamburger Kräuterlikör schwärmten wir am holzgeheizten Kachelofen Inge von den Vorzügen einer Wintertour vor. Zwischendurch verwöhnte uns Christian mit einem großen Topf Rehragout. Ich hatte den größten Teil meiner Ausrüstung schon im Boot und schlief daher im Bus, was sich aufgrund der vielbefahrenen Straße als weniger gute Idee herausstellte. So habe ich dann recht früh gefrühstückt und noch ein wenig im neuen Kanu-Sport gelesen (u.a. ein Plädoyer für das Paddeln im Winter).
6.1. Als ich um 7:30 zum Wecken ging, schliefen alle anderen noch fest. Bis alle wach waren hatte ich mein Boot fertig gepackt (keine Kunst, wenn man einen Haushalt auf dem Parkplatz stehen lassen kann). Gleich beim Einsteigen wurden wir von einem Eisvogel und mehreren Wasseramseln begrüßt. Die Werra präsentierte sich als munter und spritzig fließender Kleinfluss. Das Wehr in Meiningen konnten wir recht bequem über die Fischtreppe treideln (hinter dem Wehr ist im Mühlenarm eine Umtragestelle eingerichtet worden). Auch die weitere Fahrt brachte immer wieder nette Überraschungen mit Kiesbankschwällen und umgestürzten Bäumen. In Schwallungen entdeckten wir hinter dem Wehr einen Kanuwanderrastplatz mit Zeltmöglichkeit, leider zu früh für uns. Hinter dem Wehr von Wernshausen hatten wir über längere Zeit nur wenig Wasser und saßen auf vielen Steinen fest. Der auf der Landkarte ausgesuchte Übernachtungsplatz gehört einem Angelverein. Kurz nach uns trafen auch Vereinsmitglieder ein. Nach kurzem Gespräch durften wir bleiben. Im Windschatten des Hauses saßen wir an einem hohen Tisch mit Bank und genossen einen gemäßigten Winterabend mit Blick auf das nächtlich erleuchtete Breitungen. Bei Wein, Glühwein und Feuerzangenbowle verging der Abend im Nu. Christian und ich sparten uns das Zelt und schliefen unter dem Überdach. Dabei bewährte sich meine neue Isomatte. Ich hatte eine kuschelig warme erholsame Nacht.
7.1. Auch die zweite Etappe präsentierte sich von ihrer besten Seite. Noch immer floss die Werra als munterer Bach durch zugewachsene Ufer. Auch weiterhin begleiteten uns Eisvögel und Wasseramseln. Gegen Mittag entdeckten wir ein Wiesel im schneeweißen Winterfell. Bei dem frühlingshaften Wetter (+0°) war es am schneefreien Ufer nicht so gut getarnt wie von der Natur vorgesehen. Auch hinter Breitungen ist ein Kanuwanderrastplatz mit Zeltmöglichkeit eingerichtet worden. Wenn dieser schon auf er Karte verzeichnet gewesen wäre, hätten wir die Gastfreundschaft der Angler gar nicht in Anspruch nehmen müssen. Ein weiterer (öffentlicher) Zeltplatz ist in Immelborn vor der Brücke. Dort ist ein Campingplatz am Badesse nah der Werra, allerdings auch nah einer vielbefahrenen Straße. Das Wehr in Allendorf ist umgebaut. Wie an der ganzen Werra gibt es dort jetzt eine ausgeschilderte Umtragestelle hinter dem Wehr. Auch dort ist ein Rastplatz mit Tisch vorbereitet. An einer Stelle hatte sich ein durchgehender Baumverhau gebildet. Dieser war so stabil, dass ich darauf aussteigen und die anderen hinüberziehen konnte. Der beschilderte Umtrageweg am Wehr in Tiefenort ist sehr lang und ohne Bootswagen sicher mühsam. Wir konnten zum Glück direkt hinter dem Wehr wieder einsetzen. Weit überhängende Bäume vermittelten auf dem folgenden Abschnitt ein urwaldähnliches Bild. Klar, dass sich auch hier viele Wasservögel zu Hause fühlten. Das Gefälle ist hier jedoch durch die Energiegewinnung schon weitgehend aufgefangen, so dass die Durchfahrt auch mit schweren Booten leicht zu schaffen ist. Am Wehr in Merkers ist wieder ein Rastplatz mit einem soliden Dach. Dort richteten wir uns für ein Nachtlager ein. Da der Rastplatz auch für viele Hundefreunde aus dem Ort Ziel der Abendrunde ist, hatten wir eine Weile regen Besuchsverkehr mit vielen zweifelnden Blicken. Kanufahren im Januar war den meisten schon verrückt genug, aber fröhlich am Picknicktisch zu sitzen, das konnten sie sich gar nicht vorstellen. Wir fanden reichlich trockenes Brennholz für ein Lagerfeuer auf der schon bestehenden Feuerstelle. Mit der Zeltplane hielten wir den leichten Abendwind unter Kontrolle. Auch hier verzichteten Christian und ich auf das Zelt und rollten abends die Isomatten unter der Bank aus. Später kam noch ein Auto vorbei, um nach dem Rechten zu sehen. Als er unsere Boote sah, wurden wir herzlich willkommen geheißen, sonst sitzen da wohl manchmal Randalierer.
8.1. Morgens riss der Nebel der letzten Tage auf und die Sonnte setzte sich immer mehr durch. Da nun in den Booten schon wieder viel Platz war, konnten wir schneller packen und waren schon um 9:30 wieder auf dem Wasser. An diesem Tag gab es fast keine Strömung mehr, weil dieser Abschnitt der Werra für die Energiegewinnung des Kalibergbaus um 1900 systematisch genutzt wurde. Viele der alten Jugendstilmühlen werden zur Zeit wieder hergerichtet. An den Umtragestellen stehen Informationstafeln mit Fotos aus dem Inneren und Hinweisen zur Geschichte der Bauten. In Dorndorf ist die Umtragestelle jetzt auch auf der linken Seite eingerichtet. Auch hier tut ein Bootswagen gute Dienste. In Philippstal machten wir Mittagspause. Als wir uns zum Einsteigen rüsteten, spendete uns der Müller Zuschusswasser im Wehrarm, damit wir ohne Grundberührung zurück ins Hauptwasser fahren konnten. Ohne Nebel konnten wir zum Abschluss der Fahrt die wunderschöne Hügellandschaft an den Ufern genießen, so dass auch dieser umtragereiche Tag wie im Flug verging. Vor 14 Uhr erreichten wir unser Ziel am Wehr in Lengers. Auch wenn das Auto nur 70 Kilometer weg war, brauchten wir doch fast drei Stunden zum Nachholen, da die Straße fast durchweg durch Ortschaften führt. Martin und Inge hatten bis dahin die Boote ausgeräumt und so konnten wir noch bei Tageslicht aufladen. Vor der Rückfahrt gab es dann noch einen heißen Tee im Auto. Dabei wurden schon erste Phantasien für die nächste Wintertour entwickelt. Die Werra hat ja noch mehr so schöne Abschnitte!