Frühzeitige Anmeldung war nötig für die 34. Amsterdamer Grachtenfahrten. Das kleine Gelände kann nur eine sehr begrenzte Zahl von Zelten und Wohnmobilen fassen - auch wenn schon seit Jahren das Grundstück des benachbarten Wassersportvereins mit genutzt wird. In diesem Jahr hat die Polizei das Problem noch verschärft, weil wegen der Dichte der Zelte die Camping-Kocher nicht mehr benutzt werden durften.
Petra und ich sind schon am Donnerstag Abend angereist und haben die erste Nacht citynah auf einem Campingplatz verbracht. (Erfreulich ruhig!) Den Freitag haben wir dann zu einem ausführlichen Rundgang durch die Innenstadt genutzt.
Am späten Nachmittag haben wir dann das Clubgelände des KV Sloterplas angesteuert. Schon an der Einfahrt wurden wir sehr herzlich begrüßt. Als klar war, dass unser Auto das ganze Wochenende nicht bewegt wird und wir darin schlafen, erhielten wir einen Stellplatz in der ersten Reihe zugewiesen. Blick direkt auf den Yachthafen, wenige Schritte bis zum Wasser, ein kajakfreundlich abgesenkter Steg - Paddlerherz, was willst du mehr? Im Laufe des Abends füllte sich der Platz wie angesagt. Auch die zweite und dritte Reihe wurde zugestellt. Die meisten der Teilnehmenden kannten sich von früher, die Mehrzahl aus NRW sicher auch von anderen Fahrten. Als Niedersachsen waren wir schon recht weit angereist. Es fanden sich aber auch echte Exoten, etwa aus Österreich. Jan und Susanne vom KCSTM waren auch schon da; sie sahen wir zuerst auf dem Wasser. Von Jan war die Initiative zur Teilnahme an der Fahrt ausgegangen. Schade, dass Zelte und Wohnmobile auf unterschiedliche Bereiche verteilt waren, so haben wir uns recht wenig gesehen.
Fast durchgehend besetzt war der Wohnwagen mit der Fahrtenleitung. Hier gab es nicht nur den PC mit den Anmeldedaten, sondern auch gut vorbereitete Fahrtentipps für Individualfahrer. Schon bei der Anmeldung war zu erkennen, dass hier sehr professionell organisiert worden war. Alle Teilnehmenden waren für die Nachtfahrt in Gruppen eingeteilt, die gleich bei der Ankunft zugeteilt wurden. Eine Maßnahme, die sich noch bewähren sollte!
Für Samstag Vormittag ließen wir uns einen Streckenvorschlag geben, den wir dann zu dritt abfuhren. (Susanne wollte ihre Kräfte für die Nachtfahrt schonen). Schon wenige Kilometer nach dem Ablegen musste das erste Mal umgetragen werden. Das Ufer beim Ein- und Aussteigen war recht hoch, aber auf dem ruhigen Kanal ist das ja nicht ganz so schlimm (Erst recht nicht, wenn man im Zweier sitzt). Wie immer lohnt es, beim Umtragen auf die Fahrradwege zu achten - sie sind zwar ideal für den Bootswagen, werden aber von vielen schnellen Fahrrädern befahren, die Störungen nicht mögen. Schnelle sitzen wir wieder im Boot und erreichen dann den Grachtenring der Innenstadt. Ursprünglich angelegt, um in dem Moorland überhaupt Bauflächen zu erhalten, sind die Grachten heute Weltkulturerbe. Dicht an dicht stehen pittoreske Häuser Vielen sieht man den weichen Untergrund an - rechte Winkel sind selten. Manche sind auch in sehr spitze Winkel hineingebaut, kaum zu glauben, dass die schmalen spitzen Zimmer bewohnbar sind. Wir sind recht früh auf dem Wasser und müssen uns um Verkehr noch wenig Gedanken machen. Nur ab und zu begegnet uns ein erstes Touristenschiff, meist noch leer auf dem Weg zu den attraktiven Einstiegspunkten. Die Wegbeschreibung tut ein übriges - wir werden in wunderschöne kleine Kanäle geführt, die wir alleine sicher nicht gefunden hätten. Vom Bahnhof weg landen wir in einem Hafenbereich, der uns weniger gefällt. Doch schnell sind wir wieder im Innenbereich. Auf dem Rückweg zum Bootshaus müssen wir nochmal umtragen. Diesmal gibt es einen Steg, den ein Mitglied des KV Sloterplas gerade vom Gänsekot befreit. Der Steg führt dann aber über verwinkelte Stufen. Für den langen Zweier ist das ein mühsames Unterfangen. Wenig später erreichen wir das Bootshausgelände. Dort gibt es erst einmal eine ausführliche Pause.
Am späten Nachmittag laufen dann die Grills heiß. „Bringt euch euer Grillgut bitte selber mit!“ hatte es in der Einladung geheißen. Und das haben alle getan. Wir stärken uns und beobachten, wie rundum die Boote mit Lampen für die Nachtfahrt vorbereitet werden. Ein weißes Rundumlicht am höchsten Punkt des Bootes, so lautet die Vorschrift. Sehr unterschiedlich sind die dafür gefundenen Lösungen. Von stabilen Holzrahmen über abgespannte Regenrohre bis zu geknickten Kabelkanälen gehen die Konstruktionen auf den Booten. Wir bleiben sehr gelassen - ich klemme mir das Rundumlicht per Magnet auf meinem Hut - das ist garantiert der höchste Punkt und gut zu sehen. Zusätzlich haben wir Stirnlampen für die Umtragestellen - an den hohen Kanten kann es nicht schaden, zu sehen, wo man hintritt. Wir gehören zur vierten Gruppe und dürfen um 20 Uhr beim letzten Licht starten. Erstaunlich gut klappt dieser Massenstart in Gruppen zu je ca. 20 Booten. Es sind tatsächlich alle jeweils startklar zu den festgesetzten Zeiten auf dem Wasser.
Die Kameraden vom KV Sloterplas bilden Vor- und Nachhut. Jede Gruppe wird von vier durch Sicherheitswesten gekennzeichnete Mitglieder sachkundig begleitet. Trotzdem gibt es bei manchen engen Durchfahrten ein wenig Gedrängel. Zu unterschiedlich auch sind die Boote der Teilnehmenden. So wird das Fahrttempo auch sehr unterschiedlich erlebt. Während wir mit dem schnellen Zweier oft lange warten müssen, fühlen sich manche in langsamen Einern sehr gehetzt. Je näher wir der Innenstadt kommen, desto bunter und fröhlicher werden die Ufer. Immer wieder ist aus den Kneipen oder von Bühnen auch Musik zu hören. Dankbar jetzt nicht selber die Karte verfolgen zu müssen, lassen wir uns durch die Grachten führen und erkennen manches wieder, was wir schon am Tag gesehen haben, auch wenn die Route insgesamt deutlich abweicht - und vor allem kürzer ist. Jetzt ist auch viel Verkehr in den Grachten. Neben einigen wenigen Groß-Passagierschiffen sind es vor allem viele kleine Motorboote, die mit feucht-fröhlichen Gesellschaften unterwegs sind. Die meisten dieser Boote sind eher schlechter beleuchtet als unsere Kajaks und daher erst spät zu erkennen. So muss dann immer mal wieder kurzfristig Platz für eine Durchfahrt geschaffen werden. Allmählich werden wir müde, es geht aber auch schon wieder zurück. An der Umtragestelle tragen längst alle über das Ufer, nicht mehr über den engen Steg. Wir sind schnell wieder auf dem Wasser und werden nun aufgefordert individuell zurück zu fahren. Das beschert uns ein besonderes Erlebnis zum Abschluss: Der letzte Kanal zum Bootshaus ist vom Verein mit zahlreichen Knicklichtern ausgeschmückt worden. Das erleichtert die Durchfahrt durch diesen unbeleuchteten Abschnitt sehr, weil er nicht so gerade verläuft wie die anderen Kanäle und viele Bäume und Büsche ihre Äste nach unbedachten Paddlern ausstrecken. So können wir schon von weitem die Durchfahrten erkennen und kommen wohlbehütet wieder am Bootshaus an. Dort glühen schon wieder die Grills. Viele nehmen noch ein spätes Nachtmahl ein. Uns reicht ein kühles Bier vor dem Auto. Dann fallen wir ins Bett.
Am Sonntag Morgen gibt es noch einmal eine geführte Tour durch die Innenstadt. Doch wir entschließen uns, lieber in Ruhe zu packen und nach Hause zu fahren. Dafür war die Nacht dann doch zu kurz. Auch so muss ich die eigentlich nur vierstündige Fahrt für ein kurzes Nickerchen unterwegs unterbrechen.